Dienstagabend bekomme ich einen Verlegungswunsch für ein Coaching am Mittwoch per Mail mitgeteilt. Ich weiße darauf hin, dass ich so kurzfristig keine Verlegung anbiete und den Termin komplett berechne. Als Alternative biete ich online an. Die Kundin nimmt den Vorschlag an. Sie hat mehrere Tage das Bett gehütet und fühlt sich noch nicht so weit die Fahrt auf sich zu nehmen, aber online ist es möglich. Zuletzt hat sie an ihrem Mindset gearbeitet – open minded trotz Erkältung?
Was hätten Sie gemacht, wenn Sie nicht krank geworden wären?
In meiner Bubble spielen Erkältungen und Grippe jetzt im Frühjahr eine Rolle. Sei es bei PatientInnen und teilweise KollegInnen in der Praxis oder bei Coaching-Kunden. Auch im privaten Umfeld nehme ich häufigere und längere Erkrankungen wahr, selbst hatte ich auch damit zu tun und konnte nicht mehr so, wie ich es mir vorstelle, mit dem Rad zur Arbeit fahren.
Jemand sagte mir einmal, „du bist, was du tust“. Ich denke, Handlungen sind nicht das Einzige, was mich ausmachen. Allerdings sind wir, wenn wir krank sind, nicht so handlungsfähig. Was mich zur Frage führt „was hättest du unternommen, wenn du nicht krank geworden wärst? Und: Wie gehst du damit um, dass du deinen Plänen nicht nachgegangen bist?“.
Ich bin weit weg davon, aller Krankheit einen psychosomatischen Aspekt zuzuweisen. Jedoch ist Krankheit, insbesondere eine Erkältung, etwas, was uns beeinträchtigt, vielleicht dazu nötigt, unsere Pläne nochmal zu überdenken oder abzuändern. Die Kundin befindet sich gerade in Recherche zu ihren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.
Open minded trotz Erkältung? Oder braucht es etwas anderes?
Als ich ihr die Frage stelle, denkt sie kurz nach. Sie hätte ihre Recherche open minded angehen wollen und war mit verschiedenen Menschen aus ihrem Netzwerk verabredet. Sie hatte im Coaching dazu gearbeitet, wie sie solche informellen Netzwerkgespräche angeht. Statt sie zu führen ist sie erkrankt, bleibt zuhause und hütet das Bett. Verbringt ihre Zeit mehr damit, über ihre Ausrichtung nachzudenken und sich selbst intensiv Gedanken über ihre Möglichkeiten zu machen.
Sie beantwortet meine Frage, dass dieser „gesundheitliche Wink“ ihres Körpers für sie eigentlich hilfreich gewesen ist. Dass sie sich nicht von anderen Informationen ablenken hätte lassen in diesen Tagen. Informationen, die aus den informellen Gesprächen definitiv entstanden wären, wenn sie sie wahrgenommen hätte.
Ohne Krankheit keine Gesundheit. Beides gehört zum Menschsein dazu. Auch im beruflichen Kontext. Die Kundin hat für sich festgestellt, dass die Krankheitsphase sie dazu gebracht hat, für sich zu sein und sich ganz auf ihre Bedürfnisse und ihre Ausrichtung zu konzentrieren. Sie hat sich mit sich selbst auseinandergesetzt und erlebt das für diese Phase ihrer Entwicklung in der Retrospektive als das Richtige.
Selbstfürsorge für die eigenen Bedürfnisse
Selbstfürsorge spielt nicht nur während Erkrankung eine Rolle. Auch sonst macht sie möglich, unsere Bedürfnisse wahrzunehmen. Und sich diese vor Augen zu führen, hilft mit sich selbst in Kontakt zu bleiben.
Selbst kann ich nun auch wieder mehr, wie ich es mir wünsche, mit dem Rad unternehmen. Das wirkt auch präventiv auf meine Stimmung und meine Gesundheit.
Seien Sie auch gegenüber sich selbst ausreichend fürsorglich
Felix Pritschow