Schon mal auf einem Balanceboard gestanden? Sie sind hervorragende Trainingsgeräte, auf denen wir unser Center of Pressure finden können. Lesen Sie hier mehr, was das mit dem Austarieren zwischen Wünschen, Erleben und der Außenwelt zu tun hat.
Wünsche wahrnehmen und wahrmachen
Eine Kundin erzählt mir, dass sie plane sich zu verändern. Sie ist langjährig in der Medienbranche tätig. Ist mittlerweile Führungskraft für ein kleines Team, was sie selbst aufgebaut hat. Ihre Firma ist kürzlich verkauft worden, nun steht die Fusionierung an. Für ihre Abteilung bedeutet das einen Umzug in andere Räumlichkeiten und die Ungewissheit für alle dort Arbeitenden: wird es Kündigungen geben? Wo wird die Abteilung in Zukunft angedockt? Was bedeutet das für die Teamzusammensetzung und die Zusammenarbeit?
Manche Menschen verunsichern diese Veränderung der Rahmenbedingungen, die Kundin will den Einschnitt nutzen, ihre Arbeitssituation zu verändern. Sie will gestalten. Seit einigen Jahren trägt sie die Frage mit sich herum, welchen Stellenwert Sinn und Ausrichtung für ihre Arbeit haben. Sie bemerkt, dass das Miteinander in ihrem Unternehmen nicht so ist, wie sie sich das wünscht. Im Rahmen einer Coachingeinheit hat sie sich bewusst gemacht, wie der Umgang wünschenswerter wäre: Ein positives Miteinander – als Menschen wahrnehmen, nicht nur als Kollegin.
Eine wertschätzende Führung – die Führungskraft spricht aktiv nicht nur Sachthemen an, sondern auch Verhalten und hat die 5-1-Regel für sich entdeckt. Und eine Fehlerkultur, wie „ein bestelltes Feld“. Die würde sie daran erkennen, dass sich Teammitglieder trauen, Fehler im Meeting anzusprechen, weil sie wissen, damit wird konstruktiv umgegangen. In ihrem Unternehmen fühlt sie sich nicht mehr wohl. Sie überlegt sogar, ob sie ihre Wünsche in der Branche wahrmachen kann.
Mein persönliches Center of Pressure finden
Ich glaube, dass das folgende Bild einen Mehrwert für das Selbstverständnis der Kundin beiträgt, deshalb erzähle ich es hier. Ein Balanceboard ist ein Brett, was auf einer beweglichen Kugel oder Rolle aufsitzt. Draufstehend beginnen wir das Austarieren und versuchen, auf dem Brett zu bleiben, ohne dass es am Rand auf dem Boden aufsitzt. Im besten Fall kommt das Brett einfach in Ruhestellung. Geschieht das, dann haben wir den Center of Pressure (CoP) getroffen. Den Punkt, an dem eine ausgeglichene Verteilung von Kraft auf das Brett wirkt und es sich nicht mehr bewegt.
Das bedeutet muskuläre Anspannung oder ein genaues Treffen der körpereigenen Mittelachse auf diesen gedachten Punkt auf dem Balanceboard. Werden die Bewegungen des Brettes digital ausgewertet und auf einem Achsenkreuz visualisiert, so sehen wir einen beweglichen Punkt – den Körperschwerpunkt – der um das fixe Achsenkreuz – den CoP des Brettes – kreist. Der Punkt unternimmt größere und kleinere Kreise, je nach Ausschlag der Gewichtsverlagerungen. Beobachten wir diesen Punkt, stellen wir fest, dass er nur selten verharrt, ebenso selten den CoP des Brettes trifft, sondern eher um den Punkt herum kreist.
Wünsche, Erleben und Außenwelt austarieren
Und wir können beobachten, dass die Person auf dem Brett immer in Bewegung ist. Minimale Gewichtsverlagerungen folgen größeren, wieder gefolgt von kleineren, dann wirkt es einen Moment so, als stünden Brett und Person still, um dann wieder in Ausgleichsbewegungen zu verfallen. Die Zeit auf dem Brett ist eine Suche nach der Mitte. Wie oft und wie lange sind wir in gutem Kontakt mit unseren Wünschen und der Außenwelt, in unserer Mitte? Bedeutet Austarieren und Passung zu finden nicht automatisch Beweglichkeit, Ausprobieren, Wirkung spüren?
Fortgeschrittene versuchen sich an Figuren auf dem Brett, einbeinig oder in die Knie zu gehen und derweil den CoP zu treffen. Für unsere Wünsche sind wir Fortgeschrittene. Die Kundin stand mehrere Jahre auf ihrem Balanceboard in der Medienbranche und hat versucht das Brett auszutarieren. Der Gap zwischen ihren Wünschen und ihrem Erleben in der Firma hat aber dafür gesorgt, dass ihr Brett in einer ständigen Schieflage war.
Mit weniger Aufwand auf dem Brett bleiben
Sie hat viel Aufwand betrieben, um auf ihrem Brett zu bleiben und mittelfristig gehofft, die Firmenkultur würde sich verändern. Nun sieht sie eine Gelegenheit ihre Bedürfnisse nicht länger zu verstecken, sondern ihre persönliche Situation zu gestalten. Mit dem Ziel, weniger Aufwand zu betreiben, um auf ihrem Brett zu bleiben.
Im Übrigen eignen sich Balanceboards nicht nur als Metapher, sondern auch prima für das persönliche Heimtraining 🙂
Bleiben Sie – möglichst lange – auf Ihrem CoP
Felix Pritschow