Embodiment: Wie Körper, Psyche und Umwelt zusammenspielen

Embodiment Körper Psyche Umwelt
Felix Pritschow

Felix Pritschow

Wie Körper, Psyche und Umwelt zusammenspielen

Die Coachee läuft von rechts nach links durch den Raum. Sie schaut fokussiert nach vorne. Die Arme fallen locker und bewegen sich dazu, wie sie im Schritt den Oberkörper wiegt. Der Gang wirkt federnd, die Schritte raumgreifend. Den Kopf hält sie aufrecht, sie tariert ihre Kopfhaltung etwas aus. Vor der Zimmerwand dreht sie um und bleibt stehen. Sie nimmt die Arme hoch in eine V-Position, wieder herunter und geht weiter. Sie wiederholt das einige Male und verändert immer wieder Kleinigkeiten in ihrem Gang, ihrer Aufrichtung und der Armhaltung. Dabei wirkt sie konzentriert.

Die Zusammenhänge von Köper, Psyche und Umwelt unter dem Begriff Embodiment sind zunehmend wissenschaftlich erforscht, der Körper hält Einzug in Beratungskonzepten und so auch im Coaching. Die beschriebene Sequenz ist aus einer Coachingsitzung nach der Pandemie. 

Was ist das, Embodiment?

Embodiment bezeichnet Verkörperung. Nämlich die Verkörperung von mentalen Prozessen. Eigentlich könnte man meinen, dass solche Zusammenhänge althergebracht und bekannt sind. Nicht umsonst spüren wir einen „Klos im Hals“, haben jetzt einfach die „Nase voll“ oder hören Herbert Grönemeyer seine „Flugzeuge im Bauch“ besingen. Wenn sie darüber nachdenken, finden sie sicherlich noch weitere Gefühlszustände, die sich in Körperredewendungen ausdrücken. 

Für unseren Kontext bedeutsam ist die Wechselbeziehung zwischen Körper und Psyche, die auch in dem Begriff Embodiment steckt. Das bedeutet, dass sowohl der Geist den Körper beeinflusst, wie es in den gerade angeführten Redewendungen der Fall ist. Und auch, dass der Körper den Geist beeinflusst. Haben sie jemals jemanden aufgemuntert oder sind ihnen selbst mal die Worte gesagt worden „Kopf hoch, das…“?

Möglichkeiten im Coaching

Im Coaching gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Körper einzubeziehen. Rollenspiele, Aufstellungen, Körpersprache, der Körper als Resonanzfläche für Emotionen – um einige Beispiele zu nennen. Oder die Möglichkeit, körperlich einen mentalen Zustand, ein Bild von sich selbst in der Zukunft darzustellen. Diese Möglichkeit nutzen wir auch mit dem Embodiment im Zürcher Ressourcen Modell® ganz praktisch aus.

In diesem Prozess befindet sich auch die Coachee gerade. Einige Sitzungen vorher im Coaching haben wir einen mentalen Wunsch-Zustand von ihr in der Zukunft erarbeitet. Das Embodiment dockt nun dort an. Es hat den Zweck, den gewünschten Zustand zu verstärken, ihn physisch anzubahnen. Wir beginnen mit der Imagination des Wunsch-Zustandes und erforschen dann, wie der Körper zu diesem Zustand in Bezug steht. Wie ist die Körperposition? Gehend, stehend? Wo im Raum? Welche Bewegungen? …

Dann imitiert die Coachee ihre Vorstellung, ihr individuelles Embodiment entsteht Stück für Stück im Hier und Jetzt. Sie nutzt die Gelegenheit, das Embodiment anzupassen, zu erweitern, dazu zu bauen, was ihr sinnvoll erscheint. Sie entscheidet, welche Haltung, Bewegung und oder Position zu ihrem Zustand passen. Embodiment kann eine dynamische Sequenz oder eine statische Position sein, je nachdem was für das eigene Anliegen bedeutsam ist. 

Gut vernetzt mit Embodiment

Vorher hat die Coachee ihren Wunsch-Zustand ausgesprochen und aufgeschrieben, also hauptsächlich kognitiv verarbeitet. Nun ist sie zu ihrem Wunsch-Zustand körperlich verbunden. Und hat sich so eine zusätzliche Version ihre Ziel-Zustandes nicht nur auf einer kognitiven, sondern auf einer anderen, körperlichen Ebene kreiert. Ihr ging es darum, in verschiedenen beruflichen Situationen lockerer zu sein. Mit dem Embodiment besteht nun für die Coachee die zusätzliche Möglichkeit, sich in einen mentalen Zustand zu versetzen, der es ihr erlaubt lockerer zu sein, und diesen zu einzuüben.

Dinge sind besser zu erinnern, wenn mehrere Gehirnregionen am Lernvorgang beteiligt sind. Gedächtnispsychologisch findet mit dem Einbezug des Körpers eine sogenannte Multicodierung statt, denn zu einem mentalen Zustand werden weitere, sensomotorische Informationen hinzugefügt.

Einsicht und Verstehen setzten immer eine körperliche Komponente voraus, denn wir sind ständig in Interaktion mit unserer Umwelt. Meiner Erfahrung nach kann das persönliche Embodiment helfen, das eigene Anliegen zu lösen oder dabei unterstützen, das eigene Anliegen besser zu verstehen. Oder kennen Sie eine Interaktion, die körperlos abläuft?

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Felix Pritschow

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